PREFER: 1. Förderphase 2008-2010
Fragestellungen und ausgewählte Befunde
Immer mehr Menschen können sich über ein immer längeres Leben freuen. Allerdings nimmt mit steigendem Alter auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass Menschen mehrere chronische Erkrankungen gleichzeitig haben.
Mehrfacherkrankungen gehen oft mit Einbußen in der Lebensqualität und mit einer geringeren Lebenserwartung einher. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen verschiedenen Personen. In der Studie PREFER haben wir untersucht, ob die Art und Weise, wie eine Person mit ihren Erkrankungen umgeht, wie sie darüber denkt und was sie trotz oder gerade wegen ihren Erkrankungen tut, Unterschiede in der Lebensqualität und Autonomie erklären kann.
Persönliche Einstellungen und Gedanken, das Gesundheitsverhalten und die Gesundheit einer Person beeinflussen sich gegenseitig und befinden sich über die Zeit betrachtet in einem ständigen Wechselspiel. So können sich beispielsweise körperliche Einschränkungen auf die eigenen, gesundheitsbezogenen Einstellungen auswirken. Umgekehrt kann sich eine Veränderung in den Einstellungen auf das Verhalten auswirken und auf diese Weise den Gesundheitszustand verbessern helfen.
Um diese komplexen Wechselwirkungen erforschen zu können, haben wir PREFER als eine Längsschnittstudie mit mehreren Messzeitpunkten über rund ein Jahr hinweg konzipiert.
Ziel der Studie war es, Anhaltspunkte dafür zu finden, wie ältere Menschen mit Mehrfacherkrankungen ihr Gesundheitsverhalten und ihren Gesundheitszustand aufrechterhalten und verbessern können. Aus den Befunden lassen sich Ansatzpunkte für Interventionen ableiten, mit denen ältere Menschen darin unterstützt werden können, trotz Erkrankungen ein Leben mit guter Lebensqualität und Autonomie zu führen. Die nachfolgende Abbildung veranschaulicht nochmals die zentralen Themen der Studie und die untersuchten Wechselwirkungen: Verschiedene personale Ressourcen spielen eine Rolle dafür, wie gesund sich Menschen verhalten und wie ihre Gesundheit, Lebensqualität und Autonomie ist. Umgekehrt beeinflusst aber beispielsweise auch der Gesundheitszustand, wie sich eine Person verhalten kann (ob sie z.B. körperlich aktiv sein kann) und die eigenen Ressourcen können durch geringe Lebensqualität und einen schlechten Gesundheitszustand beeinträchtigt werden.
Im Folgenden einige Befunde aus PREFER:
- Selbstwirksamkeit und soziale Unterstützung sind wichtige Faktoren zur Erklärung körperlicher Aktivität bei älteren Menschen mit Mehrfacherkrankungen. Sie wirken aber nur zusammen und vor allem dann, wenn beide Ressourcen zumindest in moderatem Ausmaß vorhanden sind (Warner et al., 2010-b)
- Selbstwirksamkeit für körperliche Aktivität wiederum hängt von früheren Erfolgserlebnissen und von Modelllernen ab – verbale Überzeugungsversuche sind dagegen weniger wirksam (Warner et al., 2010-a)
- Krankheitsbezogene Überzeugungen bei Mehrfacherkrankungen hängen sowohl von spezifischen Informationen über jede einzelne Krankheit als auch von eher stabilen Eigenschaften der Person wie Selbstwirksamkeitserwartung ab – ob jemand also eine Krankheit als kontrollierbar wahrnimmt, hängt neben spezifischen Informationen auch von persönlichen Kontrollüberzeugungen ab (Schüz et al., 2011a)
- Ältere Menschen mit einer positiveren Sicht auf das Älterwerden können eine bessere funktionale Gesundheit über die Zeit hinweg aufrechterhalten und neu auftretende Krankheitsereignisse aktiver bewältigen als Personen mit einer negativeren Sicht auf das Älterwerden (Wurm, Warner, Ziegelmann, Wolff & Schüz, 2013).
- Veränderungen in der funktionalen Gesundheit wirken sich darauf aus, was Menschen über ihre Medikamente denken – funktionale Verbesserungen führen eher dazu, dass Medikamente als weniger notwendig wahrgenommen werden, und diese Veränderungen in Überzeugungen zu Medikamenten wirken sich wiederum auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten aus (Schüz et al., 2011b)
Referenzen
- Schüz, B., Wurm, S., Warner, L. M., & Ziegelmann, J. P. (2012). Self-efficacy and multiple illness representations in older adults: A multilevel approach. Psychology & Health, 21, 13-29. doi: 10.1080/08870446.2010.541908
- Schüz, B., Wurm, S., Ziegelmann, J. P., Warner, L.M., Tesch-Römer, C., & Schwarzer, R. (2011a). Changes in functional health, changes in medication beliefs and medication adherence. Health Psychology, 30, 31-39.
- Schüz, B., Marx, C., Wurm, S., Warner, L. M., Ziegelmann, J. P., Schwarzer, R., & Tesch-Römer, C. (2011b). Medication beliefs predict medication adherence in older adults with multiple illnesses. Journal of Psychosomatic Research, 70, 179-187. doi:10.1016/j.jpsychores.2010.07.014
- Warner, L.M., Schüz, B., Knittle, K., Ziegelmann, J. P., & Wurm, S. (2011). Sources of perceived self-efficacy as predictors of physical activity in older adults. Applied Psychology: Health and Well-Being, 3, 172–192.
- Warner, L.M., Ziegelmann, J. P., Schüz, B., Wurm, S., & Schwarzer, R. (2011). Synergistic effect of social support and self-efficacy on physical exercise in older adults. Journal of Aging and Physical Activity, 19, 249-261.
- Warner, L.M., Ziegelmann, J. P., Schüz, B., Wurm, S., Tesch-Römer, C., & Schwarzer, R. (2011). Maintaining autonomy despite multimorbidity: Self-efficacy and the two faces of social support. European Journal of Ageing, 8, 3-12. doi: 10.1007/s10433-011-0176-6
Design und Stichprobe
Die Befragung im Rahmen der 1. Förderphase von PREFER war eine Folgebefragung des Deutschen Alterssurvey (DEAS). Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer von PREFER haben bereits an der dritten Welle des Deutschen Alterssurvey teilgenommen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Studie PREFER wurden nach den folgenden Einschlusskriterien ausgewählt:
- Alter: 65 Jahre oder älter
- Gesundheitszustand: mindestens zwei Erkrankungen aus einer Liste von Erkrankungen (DEAS)
- Befragungsbereitschaft: schriftlich erklärte Bereitschaft, an weiteren Befragungen mitzuwirken
Nach der Datenerhebung des Deutschen Alterssurvey wurden Personen, die diese Einschlusskriterien erfüllten, im Februar 2009 angeschrieben, mit dem Ziel, im Rahmen von PREFER rund 300 Personen vertiefend befragen zu können. Insgesamt nahmen 309 Personen an der erneuten Befragung teil und wurden im März von einem Interviewer oder einer Interviewerin unseres Feldforschungsinstituts besucht. Bei diesem Termin wurde ein computergestütztes persönliches Interview (CAPI), verschiedene Gesundheitsmessungen (Lungenfunktionstest, Sit-to-stand-Test) und eine Vollerfassung aller Medikamente, die die Person einnimmt, durchgeführt. Außerdem wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gebeten, einen Fragebogen auszufüllen. Im Juni 2009 wurde eine erste Wiederholungsbefragung durchgeführt, bei der erneut ein Fragebogen eingesetzt wurde. Im September 2009 wurde schließlich eine abschließende dritte Befragung durchgeführt, bei der nochmals ein CAPI, Gesundheitsmessungen sowie ein Fragebogen zum Einsatz kamen.