Beiträge zur Gerontologie und Altenarbeit |

Verwendung gerontologischen Wissens in der Kommune

Nach den frühen optimistischen Erwartungen an eine sozialwissenschaftlich fundierte Sozialplanung ist heute eher Skepsis und Ernüchterung über die mangelnde Verwendungstauglichkeit sozialwissenschaftlicher Ergebnisse eingetreten. Eine neue ,"Verwendungsforschung" hat diese Enttäuschungen aufgegriffen und in neue Anfragen an die Praxisrelevanz der Sozialwissenschaften verwandelt. Die Studie versucht, diese Problematik für den Bereich der Gerontologie auszuarbeiten und dann anhand der Aushandlungsprozesse über ambulante Projekte der kommunalen Altenhilfepolitik dreier Kommunen (Wiesbaden, München, Berlin-West) zu konkretisieren.

Zentrales Ergebnis der neuen soziologischen Verwendungsforschung ist es heute, Verwendung von soziologischem Wissen nicht mehr einzuschränken auf die Perspektive des ,“richtigen Transfers wahrer Ergebnisse“, sondern Verwendung als einen hochdynamischen Prozess des dauernden “Umgangs mit Wissen“ zu betrachten. Dies kann den bekannten “strategischen Umgang“ mit Wissen bedeuten, in dem selektiv nach den Interessen der jeweiligen (vor allem administrativen) Verwendungsfelder verfahren wird. Wichtiger und komplizierter ist der Prozess der Reintegration und der Neukonstitution von Wissen, die sozialwissenschaftliche Identitäten von Wissensformen undeutlich werden lässt. lm Falle gerontologischer Wissensverwendung sind diese Umgangsweisen aber keine Alternativen, sondern koexistieren und formen damit neue praktische Wissens Verschränkungen. Gerontologische Wissensverwendung ist heute eingebettet in charakteristische Wirkungsfelder, die ihre Dynamik bestimmen. Als solche werden diskutiert: die historische Ausformung eines “modernen Alters“, die kommunale, sozialplanerische und verbandliche Dynamik einer fachlichen Thematisierung des Alters, die gegenwärtig vorherrschende normative Regulierung des Alters und typischem gesellschaftspolitischem Zusammenhang, in denen Alter heute angesprochen wird. Eine genauere Vergegenwärtigung der Fort-/Weiterbildungs- bzw. Altenbildungsdiskussion, die in der Gerontologie das Problem gerontologischen Wissens artikuliert haben, bestätigt den Eindruck der Verwendungsforschung: ein Verständnis von “gerontologischem Wissen“ sollte von vorneherein aus dem Zusammenhang organisierten Handelns in der Kommune formuliert werden.

 

Kondratowitz, H.-J. von (1993). Verwendung gerontologischen Wissens in der Kommune [Beiträge zur Gerontologie und Altenarbeit 89]. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen. https://doi.org/10.60922/x8pa-yr42

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