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Soziale Gerechtigkeitsüberzeugungen zur Altersvorsorge in Deutschland

Welche sozialen Gerechtigkeitsüberzeugungen zur Altersvorsorge haben Menschen in der zweiten Lebenshälfte in Deutschland? Dieser Frage gingen Janna Franke und Julia Simonson mit Daten des Deutschen Alterssurveys aus der Befragungswelle des Jahres 2014 nach. Die Ergebnisse der Analyse zeigen: Nur rund ein Fünftel der Personen im Alter von 40 bis 85 Jahren teilen die vorrangig leistungsbezogenen Überzeugungen, die dem deutschen Alterssicherungssystem zugrunde liegen.

Franke, J., & Simonson, J. (2018): Social Justice Beliefs Regarding Old-Age Provisions in Germany: A Latent Profile Analysis. In: Social Justice Research 31:182–205

Die Autorinnen der Studie identifizierten mit der Methode der latenten Profilanalyse unterschiedliche Profile von sozialen Gerechtigkeitsüberzeugungen bezüglich des Alterssicherungssystems.

Die Zuordnung zu einem Profil erfolgte anhand des Grads der Zustimmung und/oder der Ablehnung zu neun Aussagen, die Leistung, Umverteilung, Eigenverantwortung oder Fatalismus in den Vordergrund stellen, wie beispielsweise:

  •  „Es ist gerecht, dass Leute mit höherem Einkommen höhere Rente bekommen können als andere“ (Leistung)
  • „Die staatliche Altersvorsorge sollte zu größerer Gleichheit der Einkommen und Lebensbedingungen unter den Älteren beitragen“  (Umverteilung)
  • „Jeder sollte selbst die Verantwortung für seine Versorgung im Alter tragen“ (Eigenverantwortung)
  • „Es hat keinen Sinn für das Alter vorzusorgen, weil man ohnehin nicht weiß, was die Zukunft bringt“ (Fatalismus).

Aufgrund des Ausmaßes an Zustimmung und Ablehnung zu den Aussagen wurden fünf unterschiedliche Profile von Überzeugungen identifiziert.

Das erste Profil („meritokratische Überzeugungen“) beinhaltet die Zustimmung zu leistungsbezogenen und eigenverantwortungsbetonenden Aussagen sowie die Ablehnung von fatalistischen und Umverteilungsideen. Fast ein Fünftel der Personen lässt sich diesem Profil, das weitgehend den Prinzipien entspricht, die dem aktuellen deutschen Alterssicherungssystem zugrunde liegen, zuordnen.

Das zweite Profil – „egalitäre Überzeugungen“ (rund neun Prozent der Befragten) - beinhaltet eine ausgeprägte Ablehnung leistungsbetonter Prinzipien sowie eine gemäßigte Akzeptanz von Aussagen zu Eigenverantwortung. Diese Gruppe befürwortet am stärksten Umverteilungsideen und hat auch die stärkste Zustimmung zu fatalistischen Überzeugungen.

Im dritten Profil werden sowohl leistungsorientierte als auch Eigenverantwortung betonende Ideen stark abgelehnt und Umverteilung akzeptiert. Diese Gruppe (rund 13 Prozent der Befragten) kann als den „Status Quo ablehnend“ charakterisiert werden.

Im vierten Profil werden gleichzeitig Umverteilung und Fatalismus vertreten, gepaart mit einer gemäßigten Akzeptanz von Eigenverantwortung. Die Ablehnung des Leistungsprinzips ist nicht sehr ausgeprägt. Dieses Profil kann als „gemäßigtes Vertreten von Umverteilung“ umschrieben werden, rund 20 Prozent der Personen können diesem Profil zugeordnet werden.

Das mit rund 38 Prozent am häufigsten vertretene Profil der „mäßigen Ablehnung von Umverteilung“, ist durch eine mäßige Akzeptanz leistungsorientierter Prinzipien und durch eine mäßige Ablehnung von Umverteilung und fatalistischen Ideen geprägt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen:

Nur ein Füntel der Menschen stimmt den Prinzipien zu, die aktuell dem deutschen Rentensystem zugrunde liegen (Profil „meritokratische Überzeugungen“). Die Personen, die diesem Profil zugeordnet werden können, verfügen i.d.R. über einen relativ hohen sozioökonomischen Status, fühlen sich nicht sozial ausgeschlossen und identifizieren sich mit eher liberalen oder konservativen politischen Parteien.

Die Studie konnte zwei Profile identifizieren, die einen Dissens mit dem bestehenden System beinhalten. Rund 22 Prozent der Personen sind diesen beiden Profilen zuzurechnen. Eine Gruppe mit „egalitären“ Überzeugungen, die am stärksten von Ideen von Umverteilung und von Fatalismus geprägt ist, und eine Gruppe, die Ideen teilt, die den „Status Quo“ - Leistungsbezogenheit und Selbstverantwortung - ablehnen. Menschen mit geringem Einkommen, die sich sozial ausgeschlossen fühlen und Angst vor dem sozialen Abstieg haben, tendieren stärker als andere zu einem dieser beiden Überzeugungsprofile. Politisch identifizieren sich Angehörige dieser Gruppen mit eher linksorientierten politischen Parteien (SPD, Grüne, Linke), der AFD oder mit gar keiner Partei.

Die Studie vollständig und im Detail


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