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Ruhestandsanpassung in Deutschland von 1996 bis 2014

Der Übergang in den Ruhestand ist ein bedeutsames Ereignis für Menschen in der zweiten Lebenshälfte, das auch Anpassungen an neue Lebensbedingungen erfordert und von vielen Faktoren und Ressourcen beeinflusst wird. Verfügbare Ressourcen sind zu unterschiedlichen historischen Zeitperioden unterschiedlich, Georg Henning und Oliver Huxhold vom Deutschen Zentrum für Altersfragen sowie Boo Johansson von der Universität Gothenburg und Magnus Lindwall von der Swedish School of Sport and Health Sciences Stockholm untersuchten, ob dies auch mit Veränderungen in der Ruhestandsanpassung verbunden ist. Dazu betrachteten sie die Ruhestandsanpassung in Deutschland von 1996 bis 2014. Die Ergebnisse zeigen eine große Konstanz, die Qualität der Anpassung an den Ruhestand hat sich in diesem Zeitraum kaum verändert.

Henning, G., Johansson, BM., Lindwall, M., & Huxhold, O. (2022): Retirement Adjustment in Germany From 1996 to 2014. Work, Aging and Retirement, Vol. 8, No. 3, pp. 304–321

Die Anpassung an den Ruhestand wurde anhand von drei Indikatoren ermittelt:
der wahrgenommenem Lebensveränderung zum Positiven oder Negativem nach dem Übergang, der Zufriedenheit mit dem  Ruhestand und der wahrgenommenen Schwierigkeiten beim Übergang.
Für die sozialen Ressourcen wurden die verfügbare soziale Unterstützung, die Netzwerkgröße und die sozialen Aktivitäten betrachtet.

Daneben wurde unterschieden zwischen  Menschen in Berufen, die viel körperliche Arbeit beinhalten (sogenannte „blue collar workers“), und Menschen, die eher am Schreibtisch arbeiten (sogenannte „white collar workers“).

Untersucht wurden vier Stichproben des Deutschen Alterssurveys zu vier Zeitpunkten (1996, 2002, 2008 und 2014). Jede Stichprobe setzte sich aus Personen zusammen, die beim Übergang in den Ruhestand – hier definiert über den Bezug einer gesetzlichen Rente - zwischen 60  und 65 Jahren alt  waren. Insgesamt wurden 2079 Menschen befragt. 

Mit fortschreitenden Ruhestandszeitpunkten ließen sich Veränderungen in den Ressourcen beobachten: eine Vergrößerung der sozialen Netzwerke und Aktivitäten, sowie auch eine höhere Anzahl von Menschen in Schreibtischjobs, ein späteres Ruhestandsalter,  ein höheres durchschnittliches Haushaltseinkommen, bessere Gesundheit/weniger Krankheiten und weniger Übergänge aus Arbeitslosigkeit/Nichtberufstätigkeit.

Trotz dieser positiven Tendenzen mit fortschreitenden Ruhestandsperioden verlief die Ruhestandsanpassung interessanterweise in den verschiedenen Zeiträumen insgesamt sehr ähnlich.

Die Zufriedenheit mit dem Ruhestand war zwar höher bei Personen, die in den späteren Zeiträumen in den Ruhestand wechselten, aber für die zwei anderen Indikatoren –wahrgenommene Veränderungen und Schwierigkeiten beim Übergang - zeigte sich keine systematische Verbesserung oder Verschlechterung über die beobachteten Zeiträume.

Daneben zeigten Menschen, die eher am Schreibtisch gearbeitet hatten, zu allen Zeitpunkten einen Vorteil gegenüber Menschen, die eher körperlich anstrengende Arbeiten durchgeführt hatten, in der Ruhestandsanpassung in allen Dimensionen. Bezüglich der Zufriedenheit mit dem Ruhestand ist der Unterschied noch gewachsen, eventuell ein Hinweis auf eine gewachsene soziale Ungleichheit.

Für die Konstanz in der Ruhestandsanpassung vermuten die Autoren zwei mögliche Gründe:

Zum einen könnten positive und negative Entwicklungen für die unterschiedlichen Kohorten sich gegenseitig neutralisiert haben, bspw. hatten später Geborene trotz gewachsener Ressourcen weniger Einfluss auf den Zeitpunkt des Ruhestandsübergangs als ältere Kohorten.

Zum anderen könnten die Selbsteinschätzungen sich auf jeweils veränderte Erwartungsstandards innerhalb der eigenen Gruppe beziehen – wenn sich die Standards für alle positiv entwickelt haben, bleibt die eigene Position dazu relativ unverändert.

Die Studie ist online in englischer Sprache verfügbar.

Henning, G., Johansson, BM., Lindwall, M., & Huxhold, O. (2022): Retirement Adjustment in Germany From 1996 to 2014. Work, Aging and Retirement, Volume 8, Issue 3, July 2022, Pages 304–321


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